Oktober 10, 2023 – Oktober 12, 2023
Die Beschäftigung mit der Kabbala, oder dem, was man sich darunter vorstellte, war ein wesentlicher Bestandteil der europäischen Kultur der frühen Neuzeit. Der Begriff Kabbala wurde in verschiedenen Zusammenhängen und mit unterschiedlichen Absichten von Christen verschiedener Glaubensströmungen verwendet. Die christliche Kabbala ist somit ein Sammelbegriff für ganz unterschiedliche und sich manchmal gegenseitig ausschließende Glaubensausrichtungen. Begeisterte christliche Gelehrte, antijüdische Polemiker, angesehene Theologen, Esoteriker und auch Scharlatane aller Art haben sich mit der Kabbala auseinandergesetzt und sie auf vielfältige Weise definiert: als uralte messianisch-universelle oder auch christliche Tradition, als eine Form der Zahlen- oder Buchstabenspekulation, als eine neuartige jüdische Art der Exegese oder einfach als Mittel zum Zweck.
Dieser Workshop zielt in erster Linie darauf ab, die Mehrdeutigkeit des Begriffs Kabbala unter den frühneuzeitlichen Christen im weitesten Sinne zu erforschen. Somit rücken auch religiöse Dissidenten, Freimaurer und andere Gruppen, die im Bereich des frühneuzeitlichen Christentums aktiv waren, in den Fokus der Untersuchungen. Der Workshop konzentriert sich folglich weniger auf die Untersuchung von Details der Werke einzelner christlicher Kabbalisten sondern auf deren Wahrnehmung der Kabbala. Dies beinhaltet die allgemeineren intellektuellen, theologischen und kulturellen Implikationen ihrer Auseinandersetzung mit der Kabbala.
Auf diese Weise will der Workshop die christliche Kabbala von modernen (religiösen, akademischen und populären) Vorstellungen der Kabbala, die oft ihr richtiges Verständnis verzerren, sowie von anachronistischen Ansichten ihrer Authentizität trennen. Diese Vorgehensweise verfolgt das Ziel, das statische Konzept einer einzigen christlichen Kabbala zugunsten eines dynamischeren, polysemischen und multiperspektivischen Paradigmas aufzugeben, für das der Begriff Cabala Christiana vorgezogen wird.