Rückblick: Schneebedeckte Hügel und religiöse Reform

Ein interdisziplinäres Blockseminar diskutierte im Januar 2025 im Kleinwalsertal über Chassidismus, Wahhabismus und Pietismus als religiöse Erneuerungsbewegungen in Judentum, Islam und Christentum im 18. Jahrhundert.

Im Rahmen eines Kooperationsseminars der Islamischen Studien und der Judaistik der Goethe-Universität diskutierten im Januar 2025 Studierende unterschiedlicher Fachrichtungen fünf Tage lang über religiöse Erneuerungsbewegungen des 18. Jahrhunderts. Das Panorama für diesen Austausch über fachliche und religiös-kulturelle Hintergründe hinweg boten das Kleinwalsertal und das Haus Bergkranz, das Sportheim der Goethe-Universität.

Die drei diskutierten Strömungen Chassidismus, Wahhabismus und Pietismus gehören zu den bedeutendsten religiösen Erneuerungsbewegungen des 18. Jahrhunderts. Sie prägen bis heute Teile des Judentums, Islams und Christentums. Trotz allen Unterschieden und vor dem Hintergrund der verschiedenen sozialen Entstehungskontexte weisen sie große inhaltliche und strukturelle Ähnlichkeiten zueinander auf. So eint sie alle der Wunsch, Frömmigkeit, Gottesfurcht und vor allem die praxis pietatis, die Religionsausübung des Einzelnen, zu stärken.

Diskutiert wurden zentrale Begriffe wie „Erneuerung“, „Reform“ und „Erweckung“, aber auch „Fundamentalismus“ und „Orthodoxie“ in ihrem modernen und ihrem frühneuzeitlichen Verständnis. Anhand von Primärquellen und Forschungsliteratur wurden prominente Vertreter der genannten Strömungen, ihre Ideen und Textgrundlagen untersucht. So wurde u. a. die Rolle von Mystik, Formen der Vergesellschaftung, von Autorität und Tradition wie auch die Motivation zur Entstehung dieser Bewegungen und die Kritik ihrer Gegner vergleichend betrachtet. Schließlich wurden ideengeschichtliche Kontinuitäten, Parallelen und Abweichungen in der Abschlussdiskussion fokussiert herausgearbeitet. Insgesamt fanden engagierte und angeregte Debatten zwischen Dozierenden und Studierenden zu diesen und weiteren Fragen statt. 

Zwischen den Seminarsitzungen nutzten alle Teilnehmer*innen die Gelegenheit, gemeinsam im Kleinwalsertal zu wandern oder sich wintersportlich zu betätigen. Das abwechslungsreiche Programm schuf nicht nur eine produktive Arbeitsatmosphäre, sondern auch einen persönlichen, interreligiösen Austausch, der die akademische Zusammenarbeit sehr bereicherte.

Das Seminar wurde von Armina Omerika, Professorin für Ideengeschichte des Islam, Rebekka Voß, Professorin für Geschichte des deutschen und europäischen Judentums (beide PIs bei „Dynamiken des Religiösen“), und Avi Siluk, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Judaistik, geleitet und mit Unterstützung von Orel Sharp, Postdokorand am Seminar für Judaistik, umgesetzt

Text: Chiara Pohl, Fotos: Chiara Pohl, Rebekka Voß und Armina Omerika

Fotogalerie